Gedenken an Eva und Johannes de Lattré

Am heutigen Sonntag fand im Feuerwehrgerätehaus eine Gedenkstunde für die Eheleute Johannes und Eva de Lattré statt, die nach der Reichspogromnacht jüdischen Freunden halfen.

Auf Anregung von Frederik Jänicke, Präsident des Bürgerschützenvereins "Wilhelm Tell" Wallach, hatte sich eine Initiative gebildet, die an die Geschehnisse erinnern möchte. Hierzu haben sich der BSV Wilhelm Tell Wallach 1922 e.V. , der Löschzug Borth/Wallach der Freiwilligen Feuerwehr Rheinberg, die katholische und die evangelische Kirchengemeinde sowie die Evermarus-Bruderschaft zusammengetan.

Nach der Begrüßung durch Frederik Jänicke richtete Bürgermeister Dietmar Heyde das Wort an die Teilnehmenden der Veranstaltung. Er rief dazu auf, Menschen wie das Ehepaar de Lattré als Vorbilder zu nutzen in einer Zeit, in der radikale Kräfte an Demokratie und Menschlichkeit rütteln. Anschließend lud Pastor Wim Wigger zu einem jüdischen Gebet ein.

In Anwesenheit einer Enkelin des Ehepaares berichtete Frederik Jänicke anschließend ausführlich und in bewegenden Worten von den Geschehnissen im November 1938: Das Ehepaar de Lattré fuhr an jenem 10. November nach Duisburg, um zu sehen wie es Kläre Machost, der jüdischen Freundin von Eva de Lattré, und ihrem Mann ergangen war. Vor Ort boten sie dem Ehepaar Machost sowie dem Ehepaar Abramowicz an, diese für einige Zeit in ihrer Wohnung in Borth unterzubringen. Beide Paare folgten der Einladung. Leider wurden sie schon kurz nach ihrer Ankunft in Borth von Nachbarn denunziert und so stand kurze Zeit später Ortspolizist Dreibrodt vor der Tür. Dieser ließ sich allerdings gern täuschen und verließ die Wohnung der de Lattrés ohne eingehende Durchsuchung. Noch in der Nacht brachte Johannes de Lattré die jüdischen Freunde zur niederländischen Grenze. Das Ehepaar de Lattré konnte anschließend zwar weitgehend unbehelligt leben, galt fortan aber als politisch "nicht auf Linie" und so wurde beispielsweise einer Tochter der Zugang zum Studium verwehrt.
Nach der Besetzung der Niederlande durch die Deutsche Wehrmacht wurden die Freunde der de Lattrés später doch noch nach Auschwitz deportiert. Das Ehepaar Abramowicz wurde dort ermordet, Kläre Machost überlebte.

Auch nach 1945 machten Eva und Johannes de Lattré kein Aufhebens und so geriet ihre mutige Tat, bei der sie laut Kläre Machost "mit einem Bein im Konzentrationslager standen" beinahe in Vergessenheit. Erst durch einen Brief einer ihrer Töchter an die israelische Botschaft wurde man in Israel auf das mutige Ehepaar aufmerksam und so wurden Eva und Johannes de Lattré posthum 1978 zu "Gerechten unter den Völkern" ernannt. Diesen Ehrentitel verleiht der israelische Staat an nichtjüdische Personen, die unter Einsatz ihres eigenen Lebens Jüdinnen und Juden während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft halfen. Die de Lattrés sind damit zwei von 28.217 Personen, denen dieser Ehrentitel bis heute verliehen wurde. Darunter sind 651 Deutsche.

Pastorin Ulrike Thölke berichtete anschließend anschaulich von einem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem bei Jerusalem.
Die Wortbeiträge des Nachmittags hinterließen großen Eindruck und regten zum Nachdenken an.

Begleitet wurde die würdevolle Veranstaltung vom Posaunenchor Wallach-Ossenberg-Borth sowie dem Chor da Capo

Eine Gedenktafel, die am Wohnhaus an der Wallacher Straße angebracht werden soll, wurde trotz Bestellung im April leider bis heute noch nicht geliefert bzw. ging auf dem Postweg verloren. Sobald die Ersatzbestellung eingetroffen ist, wird diese angebracht.